Programmsystem HDWAM

Das Hydrodynamische Wellenablaufmodell (Programmsystem HDWAM) wurde von der Aquantec GmbH speziell für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken neu entwickelt. Mit Hilfe des HDWAM können Modelle komplexer wasserwirtschaftlicher Systeme durch Kombination einzelner Modellelemente effizient aufgebaut werden.

Derzeit wird das HDWAM so erweitert, dass komplexe Strömungssituationen (plötzliche Änderungen der Gerinnegeometrie, Fließwechsel, turbulente Effekte) behandelt werden können. Hierzu wird das St. Vernantsche Gleichungssystem vollständig gelöst Damit kann dann das HDWAM auch für Bemessungs- und Dimensionierungsaufgaben eingesetzt werden. Das Programmsystem zeichnet sich durch effiziente Rechenzeiten auch bei einer großen Anzahl von Modellknoten aus.

Eine Vorläuferversion des HDWAM wurde bisher unter anderem im Rahmen der Erstellung von Hochwassergefahrenkarten eingesetzt. Zusätzlich wurde dieses Modellsystem in das Synoptische Hochwasserwellenablaufmodell der LUBW (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) integriert und eine interaktive Oberfläche zur operationellen Vorsage der Überflutungsvorgänge infolge von Deichbrüchen für die HVZ (Hochwasser-Vorhersage-Zentrale Baden-Württemberg) entwickelt.

Im Rahmen des Programmsystems HDWAM stehen zusätzlich zahlreiche Programme zur Auswertung der Berechnungsergebnisse sowie ein Programm zur Rasterung der Berechnungsergebnisse (Wassertiefen, Wasserspiegel, Fließgeschwindigkeiten) für die 2D-Bereiche zur Verfügung.

 

Programmsystem HDWAM

Grundsätzlich können drei Typen von Modellelementen unterschieden werden:

  • Durch Speicherbehaftete Modellelemente werden Systembereiche mit räumlicher Ausdehnung erfasst.
  • Durch Kopplungselemente werden die speicherbehafteten Modellelemente mit einander verknüpft.
  • Durch Randelemente werden die Zustände an den Systemrändern definiert.

Die partiellen Differentialgleichungen der speicherbehafteten Modellelemente werden örtlich mit Hilfe eines Finite-Volumen-Ansatzes und zeitlich durch ein einstufiges, implizites Schema diskretisiert. Zusammen mit den Gleichungen für die Kopplungs- und Randfunktionen entsteht ein nichtlineares Gleichungssystem für die Durchflüsse und Wasserstände am Ende eines Zeitschrittes, das anschließend linearisiert wird. Das lineare Gleichungssystem wird dann iterativ mit Hilfe eines stabilisierten Bikonjugierten-Gradienten-Verfahren gelöst.

Speicherbehaftete Modellelemente

Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und den Genauigkeitsanforderungen können drei speicherbehaftete Modellelemente verwendet werden:

Kassetten

Mit Hilfe von Kassetten kann die Retentionswirkung von Teilbereichen, in denen die genaue Kenntnis des Wasserspiegelverlaufes von untergeordneter Bedeutung ist, aus Effizienzgründen näherungsweise berücksichtigt werden, in dem in diesen Teilbereichen ein horizontaler Wasserspiegelverlauf angenommen wird.

1D-Gewässerstränge

Mit Hilfe von 1D-Gewässersträngen werden Teilsysteme beschrieben, in denen mit einer (näherungsweise) gerichteten Strömung zu rechnen ist (z.B. Gewässerläufe oder Vorlandbereiche entlang von Gewässern).

2D-Bereiche

Mit Hilfe von 2D-Bereichen werden Teilsysteme beschrieben, in denen mit einer flächenhaften Ausbreitung von Überflutungsvorgängen zu rechnen ist (z.B. bei der Flutwellenausbreitung infolge von Deichbrüchen).

Kopplungselemente

Als Kopplungselemente stehen folgende Modellelemente zur Verfügung:

Allgemeine Bauwerke

Bauwerke (Brücken, Durchlässe, Wehrüberfälle usw.) können in das Berechnungsverfahren mit Hilfe von tabellarischen Bauwerksfunktionen integriert werden. Durch Einbeziehung eines sog. „Bauwerköffnungsgrades“ können auch gesteuerte Bauwerke berücksichtigt werden.

Wehrregler

Wehrreglerelemente dienen zu Modellierung gesteuerter Wehranlagen.

Breschen

Mit Hilfe von Breschenelementen kann die Ausströmung infolge von Deichbrüchen berücksichtig werden.

Breitkronige Überfälle

Diese Modellelemente stellen eine vereinfachte Version der allgemeinen Bauwerke zur Modellierung der Überströmung von Deichen sowie von hochliegenden Straßen und Wegen dar.

Q-H- und H-Q-Kopplungen

Diese Elemente dienen zur Erzwingung der Wasserstands- und Durchflusskontinuität zwischen speicherbehafteten Modellelementen.

Randelemente

Als Randelemente sind derzeit Durchfluss- und Wasserstandsganglinien sowie Abflusskurven implementiert.